Was ist der Europäische Rechtsakt zur Barrierefreiheit (EAA)?
Die Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, auch bekannt als „Europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit (EAA)”, ist eine Regelung der Europäischen Union, die die Harmonisierung der Barrierefreiheitsanforderungen für ausgewählte Produkte und Dienstleistungen zum Ziel hat.
Ein zentrales Anliegen der Richtlinie ist der Abbau von Barrieren, die den freien Verkehr von Produkten und Dienstleistungen behindern könnten, sowie die Sicherstellung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen und ältere Personen. Der EAA bezieht sich auf verschiedene Arten von Behinderungen, darunter:
- Sensorische Beeinträchtigungen – z.B. Menschen, die blind, sehbehindert, gehörlos oder schwerhörig sind,
- Motorische Beeinträchtigungen – z.B. Menschen mit eingeschränkter Mobilität, die Rollstühle nutzen oder Schwierigkeiten bei der Bedienung von Geräten haben.
- Kognitive Beeinträchtigungen – z.B. Menschen mit Legasthenie, Aufmerksamkeitsstörungen, Autismus oder anderen Informationsverarbeitungsproblemen.
- Neurologische Beeinträchtigungen – z.B. Menschen mit Epilepsie, Parkinson oder Multipler Sklerose.
- Altersbedingte Beeinträchtigungen – ältere Menschen, die unter Seh-, Hör-, Gedächtnis- oder Bewegungsproblemen leiden können.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist das deutsche Umsetzungsgesetz des Europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit (EAA), also der EU-Richtlinie 2019/882. Ziel des Gesetzes ist es, sicherzustellen, dass zentrale Produkte und Dienstleistungen für alle Nutzerinnen und Nutzer zugänglich sind – insbesondere für Menschen mit Behinderungen.
Ab wann gelten die neuen Vorschriften?
Unternehmen haben Zeit bis zum 28. Juni 2025, um ihre Produkte und Dienstleistungen an die neuen Anforderungen anzupassen.
Wen betrifft das Gesetz?
Das Gesetz über die Gewährleistung der Einhaltung von Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen (Gesetz), das den Europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit (EAA) in das deutsche Recht umsetzt, gilt für Hersteller, Importeure, Händler sowie Dienstleister und verpflichtet sie dazu, die Barrierefreiheit ihrer Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Einschränkungen sicherzustellen.
- Händler (Verteiler) – eine Person oder ein Unternehmen, das ein Produkt auf dem Markt verkauft, aber weder Hersteller noch Importeur ist.
- Importeur – eine Person oder ein Unternehmen mit Sitz in der EU, das Produkte aus einem Drittland (außerhalb der EU oder EFTA) auf den EU-Markt bringt.
- Bevollmächtigter Vertreter – eine Person oder ein Unternehmen, das vom Hersteller autorisiert ist, im Namen des Herstellers innerhalb der EU zu handeln.
- Dienstleister – eine Person oder ein Unternehmen, das Dienstleistungen für Verbraucher innerhalb der EU anbietet.
Im Bereich der Dienstleistungen betreffen die neuen Verpflichtungen insbesondere Unternehmen, die elektronische Handelsdienste anbieten. Unter elektronischen Handelsdiensten versteht man alle Formen des Fernabsatzes, z.B. über Websites oder mobile Apps, die auf Anfrage des Kunden durchgeführt werden.
Mikrounternehmen sind von den Anforderungen des Gesetzes ausgenommen – sie müssen ihre Produkte und Dienstleistungen nicht an die Barrierefreiheitsanforderungen anpassen.
Welche Pflichten auferlegt das Gesetz den Dienstleistern?
Ab dem 28. Juni 2025 sind Dienstleister, die unter die Vorschriften des Gesetzes fallen, unter anderem verpflichtet:
- Angemessene Informationen über ihre Dienstleistungen und deren Barrierefreiheit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereitzustellen.
- Eine Barrierefreiheitsbewertung durchzuführen.
- Die Zugänglichkeit und Einheitlichkeit ihrer Websites sicherzustellen.
Wie stellt man die Barrierefreiheit einer Website sicher?
Im Rahmen von elektronischen Handelsdiensten schreibt das Gesetz unter Bezugnahme auf die WCAG-Richtlinien den Dienstleistern vor, bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen die folgenden vier Grundsätze einzuhalten:
- Wahrnehmbarkeit – Die Eigenschaft einer Dienstleistung oder eines Teils davon bzw. von Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung, die es dem Nutzer ermöglicht, sie mit den Sinnen des Hörens, Sehens oder Tastens wahrzunehmen.
- Bedienbarkeit – Die Eigenschaft einer Dienstleistung oder eines Teils davon, die es dem Nutzer ermöglicht, alle angebotenen Funktionen zu verwenden.
- Kompatibilität – Die Eigenschaft eines Produkts oder einer Dienstleistung oder eines Teils davon, die eine reibungslose Interaktion mit anderen Produkten oder Dienstleistungen ermöglicht – auch mit solchen, auf die die Vorschriften des Gesetzes nicht anwendbar sind – sowie mit Systemen, insbesondere mit Hilfsmitteln, die für die Nutzung des Produkts oder der Dienstleistung bestimmt sind.
- Verständlichkeit – Die Eigenschaft einer Dienstleistung oder eines Teils davon bzw. von Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung, die das Verständnis der Inhalte und Informationen in Verbindung mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Produkts oder der Dienstleistung ermöglicht.
Wie funktioniert WCAG? Die wichtigsten Prinzipien der digitalen Barrierefreiheit.
WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) sind eine Sammlung von Richtlinien, die vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt wurden. Ziel ist es, Webinhalte für möglichst viele Nutzer zugänglich zu machen, insbesondere für Menschen mit Behinderungen.
Wahrnehmbarkeit
Inhalte müssen so präsentiert werden, dass Nutzer sie wahrnehmen können – z.B. durch Alternativtexte für Bilder oder ausreichenden Farbkontrast. Die folgenden WCAG-Kriterien definieren entsprechende Anforderungen:
- 1.4.3 Kontrast (Minimum) – Text muss ein Kontrastverhältnis von mindestens 4,5:1 zum Hintergrund haben, bei großer Schrift (über 150 %) mindestens 3:1. Zur Überprüfung können Tools wie WAVE verwendet werden.
- 1.4.11 Kontrast nicht-textlicher Inhalte – Grafiken und funktionale Bedienelemente müssen ein Kontrastverhältnis von mindestens 3:1 zum Hintergrund aufweisen, um für sehbehinderte Nutzer erkennbar zu sein.
- 1.4.1 Verwendung von Farbe – Informationen dürfen nicht ausschließlich durch Farbe vermittelt werden. Links sollten z.B. zusätzlich unterstrichen werden, um auch für Personen mit Farbsehstörungen erkennbar zu sein.
Bedienbarkeit
Webseiten müssen einfach zu navigieren und bedienen sein – etwa per Tastatur. Sie sollten so gestaltet sein, dass die Orientierung intuitiv möglich ist. Dazu gehören:
- Mehrere Navigationswege – Nutzer sollten auf Inhalte über verschiedene Wege zugreifen können, z.B. über Navigation, Suchfeld, Sitemap oder breadcrumbs.
- Klare Struktur – Überschriften (<h1>, <h2>, <h3>) sollten logisch aufgebaut sein und Seitenabschnitte eindeutig gekennzeichnet.
- Tastaturbedienbarkeit – Die gesamte Seite sollte ohne Maus, nur mit der Tastatur, nutzbar sein.
- Sichtbare Links und Schaltflächen – Interaktive Elemente müssen gut gekennzeichnet und kontrastreich sein.
- Vermeidung von Navigationsfallen – Nutzer dürfen nicht in Bereichen „feststecken“, aus denen sie nicht zurück- oder weiterkommen.
Verständlichkeit
Inhalte und Funktionen müssen leicht verständlich sein – z.B. durch klare Sprache und logischen Aufbau. Diese Richtlinie unterstützt vor allem Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie Dyslexie oder Konzentrationsstörungen und verbessert die Benutzerfreundlichkeit für alle.
Robustheit
Webseiten müssen mit verschiedenen assistiven Technologien kompatibel sein – z.B. mit Screenreadern. Das bedeutet, dass insbesondere Onlineshops so entwickelt sein sollten, dass sie mit Hilfstechnologien wie folgenden problemlos funktionieren:
- NVDA,
- VoiceOver,
- ChromeVox.
Welche Strafen drohen bei Nichteinhaltung des Gesetzes?
Die Nichterfüllung der Anforderungen an die Barrierefreiheit kann zur Verhängung einer Geldstrafe gegen das Unternehmen führen. Die Höhe der Strafen wird von der zuständigen Marktaufsichtsbehörde in Deutschland festgelegt.
Die Entscheidung über die Höhe der Strafe muss den Umfang des Verstoßes gegen das Gesetz berücksichtigen, einschließlich seiner Schwere, der Anzahl der Produkte oder Dienstleistungen, die die Barrierefreiheitsanforderungen nicht erfüllen, sowie der Anzahl der Personen, die dadurch negativ betroffen sind.
Die Höhe der Geldstrafe wird auf Basis des durchschnittlichen Gehalts und des Umsatzes des Unternehmens berechnet.
Sie darf jedoch weder das Zehnfache des durchschnittlichen Gehalts noch 10 % des Umsatzes des Unternehmens im Vorjahr überschreiten.
Comarch Webshop und das Gesetz zur Gewährleistung der Barrierefreiheit bestimmter Produkte und Dienstleistungen.
Derzeit arbeiten wir daran, den Comarch Wesbhop an die Anforderungen des Gesetzes anzupassen. Bald werden wir weitere Artikel veröffentlichen, die dir helfen, deine Angebote sowohl im E-Commerce als auch in den zugehörigen Integrationen zu aktualisieren und entsprechend anzupassen. Verfolge unser Hilfezentrum, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben!
Der Comarch Webshop wird mit dem Gesetz zur Sicherstellung der Erfüllung der Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen durch Wirtschaftsakteure konform sein. Wenn du fertige Vorlagen wie Rubin, Topaz, One Page Shop, Für die Gastronomie und Saphir nutzt, musst du dir keine Sorgen machen, Änderungen im Vorlage-Code selbst vorzunehmen. Die Verbesserungen werden zusammen mit dem Update der Vorlage verfügbar sein.